Mit Moos gegen Feinstaub: ZÜBLIN entwickelt mit Partnern eine nachhaltige Lösung zur Luftreinigung
19.10.2020
- Forschungsprojekt MoosTex erfolgreich abgeschlossen
- Modulare Mooswände absorbieren Feinstaub-Partikel, schlucken Schall, kühlen und binden CO2
- ZÜBLIN plant Pilotprojekt und gemeinsame Vermarktung der grünen Innovation mit Helix
Simulation am Stuttgarter Neckartor belegt Filtereffekt
Die multifunktionale umweltentlastende Wirkung der Mooswand-Paneele haben die MoosTex-Projektpartner in drei Jahren Forschung mit intensiven Untersuchungen im Labor und an Testwänden in der Praxis geprüft und nachgewiesen. So hat eine Simulation unter realen Umweltbedingungen am stark befahrenen Stuttgarter Neckartor gezeigt, dass eine 2,50 m hohe Mooswand fünf bis zehn Prozent der Feinstaubpartikel (PM10; max. 10 μm Teilchendurchmesser) aus den täglichen Kfz-Abgasen absorbieren kann. Heißt: Bei der z.B. im Jahr 2019 registrierten Tagesfrequenz von rd. 63.000 Fahrzeugen schlucken die Moosmodule den aus dem Auspuff freigesetzten Feinstaub von 3.000 bis 6.000 Kfz. Als direkte Folge des Straßenverkehrs entsteht Feinstaub unter anderem durch Abgase, Aufwirbelungen und Reifenabrieb und kann Herz-, Kreislauf- und Atemwegserkrankungen auslösen. Nach Angaben der Europäischen Umweltagentur (EEA) sterben in der Europäischen Union jährlich mehr als 400.000 Menschen an den Folgen von Luftverschmutzung.
Moosblätter ziehen Feinstaub an
Für ihre Innovation machen sich ZÜBLIN, Helix und die DITF eine natürliche Moos-Eigenschaft zunutze: Moose binden Feinstaubpartikel als Nährstoffquelle direkt über ihre Blattoberflächen; ein Teil davon wird verstoffwechselt, der andere über Bakterien abgebaut oder sedimentiert. Dieser biologische Prozess ist besonders effektiv, weil Moose durch ihre fein strukturierten Blätter eine riesige Oberfläche besitzen (1 m2 entspricht einer Blattfläche von bis zu 40 m2) und Feinstaub-Bestandteile über die negativ geladenen Moosblätter angezogen werden. Biologisch aktiv sind Moose allerdings nur in feuchtem Zustand; bei Hitze und Trockenheit vertrocknen sie nicht, sondern verfallen in eine Ruhephase (Dormanz).
Moos-Aktivität wird per Bewässerungssystem gezielt gesteuert
Vor diesem Hintergrund haben die drei MoosTex-Partner ein System entwickelt, das das Überleben der vertikal gepflanzten Moose unter realen, urbanen Witterungsbedingungen sichert und mit dem ihre biologische, Feinstaub absorbierende Aktivität über alle vier Jahreszeiten hinweg gezielt gesteuert werden kann. Das Ergebnis ist ein modular aufgebautes Paneel mit einer leichten Alu-Rahmen-Konstruktion, bespannt mit einer speziellen, textilen Funktionsstruktur, die rasch und wirtschaftlich im Gewächshaus mit Moosen bepflanzt werden kann. Ein integriertes Bewässerungssystem sichert die Steuerung der umweltentlastenden Funktion. Durch den Einsatz und die Kombination verschiedener Moosarten können die Feinstaub-Paneele gezielt auf unterschiedliche, standortabhängige klimatische Bedingungen abgestimmt werden. Die Auswahl, Zusammenstellung und Kultivierung sowie die gärtnerische Pflege in der Nutzungsphase sind Kernkompetenz der Helix Pflanzen GmbH.
Wandmodule flexibel einsetzbar – auch in Fassaden
Damit ist ein mit Moosen besiedeltes, modulares Wandsystem zur Feinstaubbindung entstanden, das in urbanen Räumen mit hoher Verkehrsbelastung flexibel und wirtschaftlich eingesetzt werden kann. Die einzelnen Module lassen sich in Höhe und Breite variabel kombinieren, rasch ergänzen oder umbauen und dank dieser Bauart sogar in bestehende Schallschutzwände integrieren. „Außerdem bietet unser System auch ein großes Potenzial für eine Weiterentwicklung, die den Einsatz in Gebäudefassaden ermöglicht“, ergänzt ZÜBLIN-Projektleiter Andreas Kugler.
Das Forschungsprojekt MoosTex wurde im Rahmen des Förderprogramms „ZIM-Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand“ durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert.